Nichts neues, hatte ich schon oft beschrieben, aber ein dennoch guter Artikel dazu:
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28. Januar 2025
Schuld, Stolz, Ihr – Elon Musks Rede
Martin Lichtmesz / 59 Kommentare
"Absolut unterirdischer Auftritt von Elon Musk", urteilte Ulf Poschardt, und Julian Reichelt ist in Sorge, daß er seinen "Juden sind die wichtigsten Lebewesen auf dieser Welt"-Teddy hergeben muß. Springer-C hef Mathias Döpfner gar hat "Angst". Wovor?
Während seiner Live-Zuschaltung auf dem Parteitag der AfD in Halle sagte Elon Musk (so Döpfner),
… es gebe „zu viel Fokus auf vergangener Schuld“, man müsse das hinter sich lassen. Kinder sollten nicht schuldig für die Sünden ihrer Urgroßeltern sein und es sei „sehr wichtig, dass die Menschen in Deutschland stolz darauf sind, Deutsche zu sein“.
Dies auf einer Wahlkampfveranstaltung zu sagen, und zwar zwei Tage vor dem Gedenktag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, in dem etwa eine Million Juden ermordet und industriell vernichtet worden sind – das macht mir Angst. Der Kontext spielt auch deshalb eine besondere Rolle, weil die AfD die Partei ist, deren prominentester Vertreter Alexander Gauland gesagt hat: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte“.
Es ist im Übrigen die Partei, deren Vorsitzender Tino Chrupalla vor Kurzem die Lieferung deutscher Waffen an Israel kritisierte und als „Entmenschlichung aller zivilen Toten auf beiden Seiten“ brandmarkte. In der AfD wird – unwidersprochen – Geschichte nicht nur relativiert, sondern unsere Solidarität mit Israels Selbstverteidigung diskreditiert. (…)
Auch Döpfner (ein persönlicher Freund Musks) insinuiert, daß er “einen neuen, gesunden, guten Patriotismus” wünsche, aber diesen könne
… es nur geben, wenn man sich seiner Vergangenheit stellt. Kollektivschuld gibt es nicht. Natürlich nicht. Aber doch kollektive Verantwortung dafür, dass das nie wieder passiert. Und Voraussetzung dafür ist: Erinnerung.
Wer das nicht schafft, kapituliert vor den Schatten der Vergangenheit und will entweder verdrängen oder relativieren. Beides ist keine gute Voraussetzung für den Erfolg eines Landes, das nach vorn schauen und seine Zukunft gestalten will und muss.
Was soll das alles eigentlich überhaupt konkret heißen? “Erinnerung”, “Verantwortung”, “verdrängen” und “relativieren”, “Schatten der Vergangenheit” usw.: Das alles sind vage, abgedroschene Vokabeln der bundesdeutschen Holocaust-Zivilreligion, deren Altersschwäche, Überholtheit und Antiquiertheit sich zunehmend bemerkbar machen.
Es ist am Ende auch wirklich nur ein Spiel mit Worten: Ob ich nun sage: “Kollektivschuld” oder: “Kollektivverantwortung” ist g’hupft wie g’sprungen.
Reichelt kritisierte Döpfners Wortmeldung mit einem ähnlich verwirrten Kommentar:
Das, was manche abfällig “Schuldkult” nennen, findet in der Bildung und der Erziehung, in den Schulen kaum noch statt. Die allermeisten Zeitzeugen sind tot, niemand kann noch Opa fragen, was er gewusst hat, KZ-Überlebende kommen nicht mehr an die Schulen. Döpfner und Musk diskutieren, was vor zwanzig Jahren deutsche Erziehungs- und Schulrealität war, aber längst nicht mehr ist, auch nicht in den Elternhäusern. Heute haben die meisten Lehrer vor der neuen arabisch-antisemitischen Realität längst kapituliert. Sie thematisieren den Holocaust nur sehr zurückhaltend aus Furcht vor Zustimmung und Begeisterung für den Juden-Mord in einem vollkommen neuen und rasant stärker werdenden Schüler-Milieu. (…)
Die Wahrheit ist: Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird die mühsam errichtete Erinnerungskultur in deutschen Schulen kollabieren und ersetzt werden durch die migrantische Hitler-Euphorie aus Kulturen, die an Hitler nur auszusetzen haben, dass er nicht konsequent genug war. Jeden Tag kommt davon mehr über unsere Grenzen und in unsere Schulen. Wer es nicht glaubt, kann sich gern freiwillig melden, morgen mal in eine beliebige deutsche Großstadt-Klasse zu gehen und über die Auschwitz-Befreiung zu reden.
Reichelt sieht nicht den wesentlichen Punkt vor seiner Nase: Wenn “Schuldkult”-Erziehung unter den “neuen Deutschen (mit oder ohne Pass)” nicht verfängt und aus den Schulen verschwindet, weil es von diesen immer mehr in den deutschen Klassenzimmern gibt, dann hat das den einfachen Grund, daß man nur Menschen mit deutscher Abstammung jene einschlägigen Schuldgefühle machen kann, aus denen dann diese oder jene politisch interpretierte “Verantwortung” abgeleitet wird.
Hinzu kommt, daß das Anwachsen der “arabisch-antisemitischen Realität” in Deutschland paradoxerweise Folge von deutschen Schuldgefühlen ist, die Erlösung im Multikulturalismus und im Öffnen der Grenzen für Millionen von Einwanderern suchten. Statt herumzujammern, daß Migranten nicht genügend Holocaust-Erziehung bekommen, sollte Reichelt lieber seinen Blick von Juden und Arabern auf den Kern der Sache, auf Deutsche, auf sein eigenes Volk, lenken.
Was hat Elon Musk nun tatsächlich gesagt? Ich habe seine Rede auf Englisch transkribiert und ins Deutsche übersetzt:
First I wanted to say I am very excited for the AfD and I think you are really the best hope for Germany. Some thing I think is very important that people take pride in Germany and being German. That’s very important. It’s OK to be proud to be German. This is a very important principle. It’s OK, it’s good to be proud of German culture, of German values and not to lose that in some sort of multiculturalism that dilutes everything.
I think we want to have unique cultures in the world. We don’t want everything to be the same everywhere, just one big sort of soup. You want to have something where you go to different countries and you experience a different culture and it’s unique and special and good.That the German government takes action to protect its citizens and makes sure it seeks the well-being of the German people.
The German people are really an ancient nation, it goes back thousands of years. You should read Julius Caesar’s account of first encountering the German tribes in the Gaul campaigns. He was like, wow very impressive, very tough warriors.
I think its like there is too much a focus on past guilt. Let’s move beyond that. Children should not be guilty of the sins of their parents, let alone their great-grandparents maybe even. And you should be optimistic or excited about a future for Germany. That’s really my message, be optimistic, excited, and preserve the German culture and protect the German people.
There are other things which would be helpful too which is you want more self-determination for Germany and the countries in Europe, and less from Brussels. That’s my opinion. There’s too much bureaucracy from Brussels, too much control from some sort of global elite. You know when I’m giving talks at these sort of global government conferences, what I’ve said is that there should be less global government. There should be more determination by individual countries. I very much hope that the AfD does well and that Alice Weidel as a chancellor would be very good for Germany, and I think it is very important that German people unite and I strongly support AfD. Go! Let’s go, guys! For a great beautiful Germany! (…)
I think we should fight for an exciting bright future where people can be optimistic when you wake up and you are looking forward to a future. And the best way to enjoy the future’s good, you have to fight for a good future every day and it will be great. I think this election coming out in Germany is incredibly important. I think it could decide the entire fate of Europe, maybe the fate of the world. That is the significance of the this election.
So that’s why it’s important to talk to your friends and family and convince them to consider voting for AfD, and go with it, a chain reaction, convince one friend, go to another friend and say hey guys do you want more of the last ten years or do you want something different? And I think the people in Germany want something different. And if you want something different you have to vote for different party. This is just a fact. This is logic. You are the future of Germany, make it happen. The future of civilisation could hang on this election. When something is so important you really got to go all out to convince people and vote for AfD. (…)
The policies I have heard of AfD they make a lot of sense. (…) Just like President Trump has common sense policies, getting things done, giving people back personal freedom and protecting people from dangers, these are fundamental things that, frankly, the current government ist not doing. The current government is suppressing speech, very aggressively. And when you suppress freedom of speech it’s very difficult if not impossible to have a true democracy. Because freedom of speech is the foundation of democracy. People cannot be expected to vote in an informed manner if they are not able to know the truth. So that is why it is so important to have freedom of speech so you can have an informed vote, so that there can be a true democracy.
But this is not what the current government has been doing, they have been suppressing freedom of speec and putting people in jails for even mild criticisms of politicians or social media posts. This is crazy. This is frankly a totalitarian approach, this is not a democratic approach. We need to restore freedom to the people of Germany and have freedom of speech and have less government oppression in general. (…) Dankeschön, go, go, go, fight, fight, fight!
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Zunächst möchte ich sagen, daß ich mich sehr für die AfD begeistere und denke, daß Sie wirklich die größte Hoffnung für Deutschland sind. Ich denke, es ist sehr wichtig, daß die Menschen stolz auf Deutschland sind und darauf, Deutsche zu sein. Das ist sehr wichtig. Es ist in Ordnung, stolz darauf zu sein, Deutscher zu sein. Das ist ein sehr wichtiger Grundsatz.
Es ist in Ordnung, es ist gut, stolz auf die deutsche Kultur, auf die deutschen Werte zu sein und all dies nicht in einer Art Multikulturalismus zu verlieren, der alles verwässert. Ich denke, wir wollen auf der Welt einzigartige Kulturen haben. Wir wollen nicht, daß überall alles gleich ist, nur eine große Art von Einheitsbrei. Man möchte etwas haben, wo man in verschiedene Länder reist und eine andere Kultur erlebt, die einzigartig und besonders und gut ist. Daß die deutsche Regierung Maßnahmen zum Schutz ihrer Bürger ergreift und sicherstellt, daß sie sich um das Wohlergehen des deutschen Volkes bemüht.
Das deutsche Volk ist eine uralte Nation, die Tausende von Jahren zurückreicht. Lesen Sie mal Julius Cäsars Bericht über seine ersten Begegnungen mit den germanischen Stämmen in den Gallienfeldzügen. Er sagte, wow, sehr beeindruckend, das sind sehr harte Krieger! Ich denke, es wird zu viel Gewicht auf die Schuld der Vergangenheit gelegt. Laßt uns das überwinden. Kinder sollten nicht für die Sünden ihrer Eltern büßen müssen, geschweige denn für die ihrer Urgroßeltern.
Und man sollte optimistisch sein und sich auf die Zukunft Deutschlands freuen. Das ist meine Botschaft: Seid optimistisch, seid motiviert, bewahrt die deutsche Kultur und schützt das deutsche Volk!
Es gibt noch andere Dinge, die hilfreich wären, nämlich mehr Selbstbestimmung für Deutschland und die Länder in Europa und weniger Brüssel. Das ist meine Meinung. Es gibt zu viel Brüsseler Bürokratie, zu viel Kontrolle durch eine Art globale Elite. Wenn ich auf Konferenzen über globale Regierung spreche, sage ich immer, daß es weniger globale Regierung geben sollte.
Die einzelnen Länder sollten mehr Entschlossenheit zeigen. Ich hoffe sehr, daß die AfD gut abschneidet und denke, daß Alice Weidel als Kanzlerin sehr gut für Deutschland wäre, und ich denke, es ist sehr wichtig, daß sich die Deutschen vereinen, und ich unterstütze die AfD nachdrücklich. Los! Auf geht’s, Leute! Für ein großartiges, schönes Deutschland! (…)
Ich denke, wir sollten für eine aufregende, strahlende Zukunft kämpfen, in der die Menschen optimistisch sein können. Sie sollten am Morgen aufwachen und sich auf die Zukunft freuen. Und um die Zukunft gut genießen zu können, muß man jeden Tag für eine gute Zukunft kämpfen, und sie wird großartig sein.
Ich denke, diese Wahl in Deutschland ist unglaublich wichtig. Ich denke, sie könnte über das gesamte Schicksal Europas, vielleicht sogar über das Schicksal der Welt entscheiden. Das ist die Bedeutung dieser Wahl. Deshalb ist es wichtig, mit Freunden und Familie zu sprechen und sie davon zu überzeugen, die AfD zu wählen, und eine Kettenreaktion auszulösen, einen Freund zu überzeugen, zu einem anderen Freund zu gehen und zu sagen: „Hey Leute, wollt ihr mehr von den letzten zehn Jahren oder wollt ihr etwas anderes?“
Und ich denke, die Menschen in Deutschland wollen etwas anderes. Und wenn man etwas anderes will, muß man eine andere Partei wählen. Das ist eine simple Tatsache. Das ist logisch. Ihr seid die Zukunft Deutschlands, macht es möglich! Die Zukunft der Zivilisation könnte von dieser Wahl abhängen. Wenn etwas so wichtig ist, muss man wirklich alles geben, um die Menschen zu überzeugen und für die AfD zu stimmen. (…)
Was ich von dem politischen Programm der AfD gehört habe, erscheint mir sehr sinnvoll. (…) Genau wie Präsident Trump eine Politik des gesunden Menschenverstands betreibt, Dinge erledigt, den Menschen ihre persönliche Freiheit zurückgibt und sie vor Gefahren schützt, sind dies grundlegende Dinge, die die derzeitige Regierung, offen gesagt, nicht tut.
Die derzeitige Regierung unterdrückt die Meinungsfreiheit, und zwar sehr aggressiv. Und wenn man die Meinungsfreiheit unterdrückt, ist es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine echte Demokratie zu haben. Denn die Meinungsfreiheit ist die Grundlage der Demokratie. Man kann nicht erwarten, daß die Menschen informiert wählen, wenn sie nicht in der Lage sind, die Wahrheit zu erfahren.
Deshalb ist es so wichtig, Meinungsfreiheit zu haben, damit man eine informierte Wahl treffen kann, damit es eine echte Demokratie geben kann. Aber genau das tut die derzeitige Regierung nicht. Sie unterdrückt die Redefreiheit und steckt Menschen schon für milde Kritik an Politikern oder Social-Media-Postings ins Gefängnis.
Das ist verrückt. Das ist offen gesagt ein totalitärer Ansatz, das ist kein demokratischer Ansatz. Wir müssen den Menschen in Deutschland die Freiheit zurückgeben und Redefreiheit haben und generell weniger staatliche Unterdrückung. (…) Dankeschön, los, los, los, kämpft, kämpft, kämpft!
Am bemerkenswertesten ist daran natürlich vor allem der Anfang der Rede, in dem Musk drei essentielle, eng miteinander zusammenhängende Dinge betont: Schluß mit dem “Schuldkult”, stattdessen Stolz darauf, einer Nation anzugehören, deren Wurzeln “tausende Jahre” zurückreichen, verknüpft mit der Aufforderung, die deutsche Kultur zu bewahren und nicht in einen nivellierenden Multikulturalismus aufgehen zu lassen, unter dem Blickwinkel eines astreinen Ethnopluralismus: “Wir wollen auf der Welt einzigartige Kulturen haben. Wir wollen nicht, daß überall alles gleich ist, nur eine große Art von Einheitsbrei.”
Ich finde es absolut verblüffend, ja fast schon surreal, dergleichen Dinge aus Musks Mund zu hören. Das eher lahme Gespräch mit Weidel ließ befürchten, daß er über Atomenergie und freies Unternehmertum und so weiter reden würde.
Was er stattdessen lieferte, waren die Kernaussagen (beispielsweise) meines Buches Verteidigung des Eigenen aus dem Jahr 2011, auf vier Sätze eingedampft. Es ist die wesentliche Botschaft der Neuen Rechten, lange bevor ich zu ihr stieß. Sie wird nun durch Musk “gemainstreamt”. Hätte man mir das noch vor einem Jahr prophezeit, ich hätte es für völlig utopisch gehalten.
Ich hoffe, daß Musks Intervention nun auch innerhalb der AfD zu einem Konsens führen wird: Anti-Schuldkult, Anti-Multikulturalismus, positive nationale Identität, Ethnopluralismus. Auf dieser Basis, und nur auf dieser Basis, kann man etwas aufbauen.
Die Reaktionen darauf trennen die Spreu vom Weizen. “Konservative” Betrüger wie Reichelt, Poschardt oder Döpfner bestätigen mit ihren Kommentaren die simple Wahrheit von Musks Ratschlägen: Wer sich immer noch an die “Holocaustianity” klammert, aus welchen Gründen auch immer, will keine wahrhafte Veränderung der deutschen Politik, oder versteht zumindest nicht, was die Voraussetzungen dafür sind.
Was sein Auftritt darüber hinaus bewirken wird, weiß ich nicht. Musk überschätzt natürlich mit amerikanischem Pathos maßlos die Bedeutung dieser Wahl; daß sie zu seinem AfD-Sieg führen wird, ist unwahrscheinlich.
Vielleicht aber sind die Chancen in ein paar Jahren schon wesentlich besser. Musks Rede mag ein Indiz sein, daß wir uns tatsächlich in einer Zeitenwende befinden.