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Ukraine Konflikt

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St0ckf15h
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Re: Ukraine Konflikt

Certa hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 13:31 Ich verfolge sowas nicht regelmäßig und war schon erstaunt was da zur besten Sendezeit so abgelassen wirs
Man kann schon von Glück reden, dass sich die russische Armee nicht als der schlagkräftige Haufen herausgestellt hat, für den sie lange Zeit irrtümlich gehalten wurde.

Mich lässt die Pipeline-Geschichte in der Hinsicht gleich dreifach kalt, 1. kam eh nichts mehr weil unser "Partner" schon vorher die Lieferungen eingestellt hat, 2. würde ich gar keine "Partnerschaft" haben wollen mit einem Land, wo im TV so gehetzt wird und 3. ist es wohl für die Zukunft Europas besser, wenn hier klare Grenzen gezogen werden und bleiben.

Aber sollten sich bei Gelegenheit alle man ansehen, die weiterhin an ein "gutes Russland" und gute Beziehungen (auch wirtschaftlich) dorthin glauben möchten - oder sich hier in Europa schon wie in 1984 fühlen; vielleicht öffnet es ja dem einen oder anderen die Augen, wie ein Leben noch aussehen könnte...

Traurig zu sehen, was aus einem Land geworden ist, das im letzten Jahrhundert über 4 Jahrzehnte (teilweise erfolgreich) wissenschaftlich und technisch mit den USA konkurriert hat.
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Shivus
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Re: Ukraine Konflikt

St0ckf15h hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 13:28 Ist jetzt auch nicht wirklich was neues dabei...

Dann hast du da solche Videos, vom Kreml abgesegnet (denn sonst läuft sowas auch gar nicht im russischen Rundfunk): "Vladimir Solovyov says Russia will take all of Ukraine"
Und hier (nicht speziell das Forum, aber halt Europa) gibt es immer noch Menschen, die denken, man könnte mit Putin vernünftig reden :kekw:

Macht schon betroffen, irgendwie
Bist du denn der Meinung, dass man mit Putin einfach „nur“ nicht „vernünftig“ reden kann - oder gar nicht reden sollte?

Und wenn man mit Putin nicht reden (/verhandeln?) sollte, was ich akzeptiere, wie steht’s dann mit dem Iran? Wie siehts mit Staaten aus, die zwar keinen Krieg in Europa führen, aber wo es bzgl. Menschenrechten auch nicht ganz so demokratisch ist? Sollte man mit diesen Staaten reden? Da fallen mir doch viele Beispiele ein - Staaten, mit denen wir zusammenarbeiten und/oder von denen wir doch recht stark abhängig sind.
Und was ist mit der Hamas? Sollte der Westen mit solchen Terrorgruppen verhandeln?
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Certa
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Re: Ukraine Konflikt

Shivus hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 14:12
St0ckf15h hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 13:28 Ist jetzt auch nicht wirklich was neues dabei...

Dann hast du da solche Videos, vom Kreml abgesegnet (denn sonst läuft sowas auch gar nicht im russischen Rundfunk): "Vladimir Solovyov says Russia will take all of Ukraine"
Und hier (nicht speziell das Forum, aber halt Europa) gibt es immer noch Menschen, die denken, man könnte mit Putin vernünftig reden :kekw:

Macht schon betroffen, irgendwie
Bist du denn der Meinung, dass man mit Putin einfach „nur“ nicht „vernünftig“ reden kann - oder gar nicht reden sollte?

Und wenn man mit Putin nicht reden (/verhandeln?) sollte, was ich akzeptiere, wie steht’s dann mit dem Iran? Wie siehts mit Staaten aus, die zwar keinen Krieg in Europa führen, aber wo es mit Menschenrechten auch nicht ganz so demokratisch ist? Sollte man mit diesen Staaten reden? Da fallen mir doch viele Beispiele ein - Staaten, mit denen wir zusammenarbeiten und/oder von denen wir doch recht stark abhängig sind.
Und was ist mit der Hamas? Sollte der Westen mit solchen Terrorgruppen verhandeln?
Es wird mit Putin und dem Stab geredet. Wenn nicht direkt, dann über Unterhändler wie Erdogan usw.
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Shivus
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Re: Ukraine Konflikt

Certa hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 14:19
Shivus hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 14:12
St0ckf15h hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 13:28 Ist jetzt auch nicht wirklich was neues dabei...

Dann hast du da solche Videos, vom Kreml abgesegnet (denn sonst läuft sowas auch gar nicht im russischen Rundfunk): "Vladimir Solovyov says Russia will take all of Ukraine"
Und hier (nicht speziell das Forum, aber halt Europa) gibt es immer noch Menschen, die denken, man könnte mit Putin vernünftig reden :kekw:

Macht schon betroffen, irgendwie
Bist du denn der Meinung, dass man mit Putin einfach „nur“ nicht „vernünftig“ reden kann - oder gar nicht reden sollte?

Und wenn man mit Putin nicht reden (/verhandeln?) sollte, was ich akzeptiere, wie steht’s dann mit dem Iran? Wie siehts mit Staaten aus, die zwar keinen Krieg in Europa führen, aber wo es mit Menschenrechten auch nicht ganz so demokratisch ist? Sollte man mit diesen Staaten reden? Da fallen mir doch viele Beispiele ein - Staaten, mit denen wir zusammenarbeiten und/oder von denen wir doch recht stark abhängig sind.
Und was ist mit der Hamas? Sollte der Westen mit solchen Terrorgruppen verhandeln?
Es wird mit Putin und dem Stab geredet. Wenn nicht direkt, dann über Unterhändler wie Erdogan usw.
Ich sehe jetzt nicht, in wie weit das mit meiner Frage an Stockfish zusammenhängt #05#
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St0ckf15h
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Re: Ukraine Konflikt

Shivus hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 14:12 Bist du denn der Meinung, dass man mit Putin einfach „nur“ nicht „vernünftig“ reden kann - oder gar nicht reden sollte?

Und wenn man mit Putin nicht reden (/verhandeln?) sollte, was ich akzeptiere, wie steht’s dann mit dem Iran? Wie siehts mit Staaten aus, die zwar keinen Krieg in Europa führen, aber wo es bzgl. Menschenrechten auch nicht ganz so demokratisch ist? Sollte man mit diesen Staaten reden? Da fallen mir doch viele Beispiele ein - Staaten, mit denen wir zusammenarbeiten und/oder von denen wir doch recht stark abhängig sind.
Und was ist mit der Hamas? Sollte der Westen mit solchen Terrorgruppen verhandeln?
Bin der Meinung, dass man mit Putin über die Ukraine nicht vernünftig reden kann; hinsichtlich eines Deals beispielsweise, an den sich dann auch gehalten wird.
Da sieht man schon an dieser Berichterstattung, wie verbohrt die aktuelle Landesführung in ihrer Vorstellung vom Wiederauferstehen Großrusslands ist; das geht viel stärker als evtl. Bekenntnisse zu einem Kompromiss, der dann in absehbarer Zeit eh wieder überworfen wird.

Man muss zumindest in jedem Fall abwiegen, inwiefern es konkrete Auswirkungen haben kann - da traue ich Russland halt ganz andere Ambitionen im Hinblick auf (Ost)Europa zu als dem Iran beispielsweise. Weiß ja nicht, was im Iran im TV so läuft, aber falls die Botschaft eine ähnliche sein sollte (alle Ungläubigen ausrotten usw.), dann sollte man auch mit denen nicht reden und eine Annäherung versuchen.

Wenn es rein um Menschenrechte geht (also Sicherheitsinteressen Europas außen vor in diesem Falle), dann ist es ja mehr eine moralische Frage, inwiefern man sich auf die Zusammenarbeit einlässt - und das geht halt über ein breites Spektrum und sehe ich auch nicht annähernd so schwarz/weiß wie die beiden Beispiele oben. Das finge dann an bei Ländern wie den USA, wo man sich wegen Todesstrafe in die Haare kommen könnte und reicht bis China. Hier wird man halt Abstriche machen müssen, bei globalen Problemen wird ohne eine Zusammenarbeit nichts laufen; das muss man wohl in Kauf nehmen schlussendlich, sonst kommt man zu nichts.
Engere "Partnerschaften" halte ich halt nur unter Ländern mit ähnlichen Wertevorstellungen für sinnvoll, bzw. können meiner Überzeugung nach auch nur dort langfristig und erfolgreich bestehen.

Hamas habe ich ehrlich gesagt gar keine Meinung zu, USA versucht ja auch hier zu vermitteln (obwohl ein Verhandeln mit Terroristen sonst ja kategorisch ausgeschlossen wird). Erfolge dabei überschaubar, aber grundsätzlich halte ich miteinander Reden immer für fruchtbarer als es mit Gewalt lösen zu wollen. Was rauskommt werden wir sehen.
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Herbert
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Re: Ukraine Konflikt

Zum Thema Einmischung in andere Gesellschaften, sollte man auch akzeptieren, dass andere Gesellschaften einfach anders ticken.

Wenn Beispielswiese in Indien irgendwas gemacht wird was wir absurd finden (zB Heiraten ab 14 (nur ein plakatives Beispiel, keine Ahnung obs so ist)). Wieso sollten wir ~500mio Europäer den 1,4 Milliarden Indern sagen können was gut oder schlecht ist.
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St0ckf15h
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Re: Ukraine Konflikt

Herbert hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 19:18 Zum Thema Einmischung in andere Gesellschaften, sollte man auch akzeptieren, dass andere Gesellschaften einfach anders ticken.

Wenn Beispielswiese in Indien irgendwas gemacht wird was wir absurd finden (zB Heiraten ab 14 (nur ein plakatives Beispiel, keine Ahnung obs so ist)). Wieso sollten wir ~500mio Europäer den 1,4 Milliarden Indern sagen können was gut oder schlecht ist.
Man sollte dabei halt weder alles verurteilen, noch alles gutheißen - Also unwürdiger Umgang mit Minderheiten, Unterdrückung, keine Redefreiheit, keine Pressefreiheit, verbreitete Gewalt usw. gibt es ja nicht soviel objektiv Gutes daran; je weniger davon global vorkommt, desto besser.

Andererseits sich halt auch nicht überheblich vor andere hinstellen, weil man das Glück hatte, in ein Land hineingeboren zu werden, welches dabei besser abschneidet.

Ist immer leicht von außen zu sagen man sucht sich seine Regierungsform selbst aus beispielsweise, sollen halt Aufstehen für ihre Freiheiten - aber in der Jahrtausende währenden Kulturgeschichte des Menschen sind Demokratien nach jetzigem Modell halt noch ein wirkliches Novum, das kann gut und gerne noch dauern, bis und falls es denn irgendwann mal überall ankommt
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Shivus
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Re: Ukraine Konflikt

Aber sollte man dann nicht mit jeder Nation verhandeln/reden - weil am Ende können die Bewohner von Land X auch nichts für ihren Präsidenten. Vor allem die, die bewusst sinnlos in Kriegen verbrannt werden.
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Re: Ukraine Konflikt

Natürlich muss man reden und Verhandlungen führen. Jeder gute Diplomat weiss das.

Am Ende ist doch nur entscheidend ob sich die Gesamtsituation verbessert oder eben nicht.
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St0ckf15h
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Re: Ukraine Konflikt

Shivus hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 20:36 Aber sollte man dann nicht mit jeder Nation verhandeln/reden - weil am Ende können die Bewohner von Land X auch nichts für ihren Präsidenten. Vor allem die, die bewusst sinnlos in Kriegen verbrannt werden.
Kann man machen, bringt halt oft nix - vor allem bei Autokraten. Die rücken erst dann von ihren Vorstellungen ab, wenn es um den eigenen Hals geht.

Tut mir zwar Leid für die Betroffenen, aber am Ende muss es erste Priorität sein unsere eigene Haut zu retten. Und das macht man meiner Meinung nach nicht, indem man Russland sich weiter gegen Westen ausbreiten lässt.

Für die Zustände in Russland kann der Westen nichts, aber man sollte weiter dafür kämpfen, dass es nicht irgendwann überall so aussieht - zumindest, wenn Worte und Verhandlungen nicht ausreichend sind.
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Skagerath
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Re: Ukraine Konflikt

Shivus hat geschrieben: zum Beitrag navigieren28. Aug 2024, 20:36 Aber sollte man dann nicht mit jeder Nation verhandeln/reden - weil am Ende können die Bewohner von Land X auch nichts für ihren Präsidenten. Vor allem die, die bewusst sinnlos in Kriegen verbrannt werden.
Ein gewisser Anteil der russischen Bevölkerung kann nicht nichts für diesen Krieg sondern sie sind sicherlich auch strikt dagegen, allerdings gibt es eine deutlich größeren Anteil dem das Ganze entweder egal ist oder man den Überfall sogar befürwortet.

https://www.nzz.ch/international/kursk- ... ld.1845283

Kursk ist weit weg: Die Bevölkerung Moskaus will vom Krieg am liebsten nichts wissen
Die Russinnen und Russen verdrängen den Krieg gegen die Ukraine auch jetzt, da er ihnen näher gerückt ist. Sie wollen den Sommer geniessen und hoffen auf Frieden. Ein Spaziergang in Moskau.


In Moskau ist, wie anderswo in Europa auch, noch einmal der Hochsommer ausgebrochen. Die langen, dreimonatigen Schulsommerferien neigen sich dem Ende zu. Auf der Boulevard-Ringstrasse im Stadtzentrum mit ihrem baumgesäumten Grünstreifen in der Mitte flanieren Jung und Alt. Hier und in manchen Pärken hat die Stadtregierung Sommerattraktionen aufgebaut: Verkaufsstände mit Moskauer Produkten, Spiele und Unterhaltung für Kinder, Fotoausstellungen über die Errungenschaften der vergangenen Jahre und mit einem Blick in die Zukunft unter dem Motto «Moskau 2030».

Aber es ist auch August, und der August hat in Russland seit langem den Ruf, unberechenbar und an Erschütterungen reich zu sein. Mit dem ukrainischen Vorstoss in der Grenzregion Kursk rund 800 Kilometer südlich von Moskau hat der Krieg mit der Ukraine herkömmliches russisches Staatsgebiet erreicht. Trotzdem spiegelt sich kaum etwas davon im Strassenbild und im Verhalten der Gesellschaft.

Ausgelassene Stimmung im Park

Im Park Museon, neben der Neuen Tretjakow-Galerie, schlendern Familie und Paare der Moskwa entlang und rennen kreischende Kinder durch die Wasserspiele. Über die Strasse, im Gorki-Park, einer von Moskaus Visitenkarten, lassen sich alte und junge Paare, Familien und Gruppen von Freunden an einem heissen Nachmittag vom Springbrunnen begeistern, der zu klassischer Musik «tanzt», von der Blumenpracht und ganz einfach vom Spaziergang unter lauschigen Bäumen. Der Krieg ist weit weg und kein Thema – solange er nicht in die ganz private Lebenswirklichkeit einer Familie eindringt. Das hat auch der ukrainische Einmarsch in Kursk nicht geändert.

Maxim kann darüber nur den Kopf schütteln bei einer Fahrt durch die Stadt. Aber auch er will mit dem Krieg nichts zu tun haben. Drei Jahrzehnte lang sei er bei der Armee gewesen, in Tschetschenien, Jugoslawien und Syrien, erzählt der Moskauer, der seinen vollen Namen nicht preisgeben will. Kurz bevor der russische Präsident Wladimir Putin die Entscheidung zum Angriff auf die Ukraine gab, hatte er den Dienst quittiert. Auch auf inständige Bitten der einstigen Militärkameraden, seine Erfahrung doch einzubringen, liess er sich nicht dazu überreden, zur Armee zurückzukehren.

«Sollen sie doch selbst kämpfen, auch all diejenigen an ihren Schreibtischen», meint er. Mehr als zwei Jahre versuche die Armee schon, den Gegner zu vernichten. Und dann falle dieser plötzlich im eigenen Land ein, und niemand wolle etwas davon vorher bemerkt haben. Das könne doch nicht sein. Eine Erklärung dafür hat er parat: die Korruption – und den Umstand, dass unter Putin noch nie ein Armeeoffizier Verteidigungsminister gewesen sei. Zum Chefarzt würde man doch auch keinen Journalisten machen, schimpft er.
Anpassung an eine «neue Normalität»

Anfängliche Versuche kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen im Nachbarland, die «militärische Spezialoperation» zur Mobilisierung der Massen zu nutzen, wurden schnell wieder abgeblasen. Sie fanden nur bei einer Minderheit Widerhall. Die Mehrheit war zwar bereit, das Geschehen mitzutragen, aber nur passiv. Auch offenes Aufbegehren gegen den Krieg gab es anfangs. Aber das harte Durchgreifen des Regimes und die repressiven Gesetze, an deren Verschärfung seither praktisch Monat für Monat gearbeitet wird, haben den meisten

Kriegsgegnern im Land nur zwei Möglichkeiten gelassen: wegzugehen oder zu schweigen.

Die meisten Russen passten sich an, unabhängig davon, was sie über den Krieg und Putins Politik genau denken. Der Krieg wurde zum Teil der Realität, mit der sich abzufinden hat, wer in Russland einigermassen ruhig weiterleben will. Durch bittere historische Erfahrungen und bewusste politische Manipulation entwickelten sie über die Jahrzehnte den Hang dazu, Politik aus dem Leben auszuklammern und zu denken, vom Einzelnen hänge sowieso nichts ab. Der Krieg und all seine Auswirkungen nehmen sie als neue Normalität an. Manche vergleichen es mit dem Wetter: Ob es regnet oder die Sonne scheint, kann ein Einzelner auch nicht beeinflussen.

Die Gesellschaft ist trotzdem – oder gerade deshalb – eine andere geworden, wenn auch vielleicht nur unter der Oberfläche. Noch mehr denn je leben die Russinnen und Russen nach innen gekehrt. Jede falsche Äusserung zum Krieg, jedes Like und jeder Kommentar in den sozialen Netzwerken kann den Arbeitsplatz gefährden, den Kindern in der Schule Ungemach bereiten oder gar hinter Gitter führen. Die Angst davor geht so weit, dass mitunter selbst die eigene Familie kein sicherer Ort mehr ist für regimekritische Äusserungen.

Das gilt erst recht gegenüber Fremden, Ausländern und besonders Journalisten. Ausländische Journalisten sind etwas Toxisches geworden: Schon eine Berührung mit ihnen wird als gefährlich empfunden. Selbst diejenigen, die noch bereit wären, sich zu unterhalten, fürchten die Reaktion der Sicherheitsbehörden. Dass der Krieg in den Gesprächen in der Öffentlichkeit kaum je eine Rolle spielt, liegt daran, dass er aus dem Alltag verdrängt wird und viele sich damit nicht befassen wollen. Aber auch die Angst ist gegenwärtig.

Zurückhaltung und Angst

Entsprechend schwierig ist es, der Stimmung in der Bevölkerung auf den Grund zu gehen. Was denken «die Russen» wirklich über den Krieg? Im Juli zeigte eine Umfrage des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada, das den Behörden ein Dorn im Auge ist, einen wachsenden Anteil derer, die «alles in Ordnung» finden. Auch wünscht mittlerweile eine Mehrheit der Befragten Friedensverhandlungen zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine. Was daraus resultieren sollte, ist weniger klar. «Wir werden siegen», heisst es stets. Aber was ist ein «Sieg»? Und welche Kompromisse wären möglich? Die Pragmatischen hoffen auf ein Einfrieren entlang der Frontlinie, um das Töten zu beenden.

Strassenumfragen bringen einen kaum weiter. Es ist ein Zufall, wenn jemand sprechen will, und ein einigermassen aussagekräftiges Bild kann so gar nicht entstehen. Die eigentlichen Gedanken und Gefühle sind angesichts von Angst, Einschüchterung und Repression «unter einer Betondecke», wie der im Exil lebende Pädagoge Dima Zicer es formuliert. Ob in der Innenstadt oder im Gorki-Park: Jüngere und Ältere, Frauen und Männer, lehnen ein Gespräch freundlich, aber bestimmt ab, oft noch bevor überhaupt klar ist, worum es gehen soll.
Ein Mann um die sechzig, der sich mit seiner Frau auf einer Parkbank ausruht, ist eine Ausnahme. «Natürlich beschäftigt uns, was in Kursk geschieht», sagt er, «dass sind ja Russen, die dort leiden.» Aber sobald der Krieg auch nur erwähnt wird, bricht er ab. «Darüber bin ich nicht bereit zu sprechen», meint er höflich und steht abrupt auf. «Wir haben gegen niemanden auf der Welt etwas, wir wollen nur Frieden.» Und bevor das Ehepaar ihres Wegs geht, schaut die Frau nochmals zurück und wiederholt: «Wir sind nur für den Frieden, für den Frieden.»

Strategien des Überlebens

Jeder hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren seine eigene Strategie entwickelt, mit der Situation umzugehen. Viele wenden sich davon ab, verdrängen sie und konzentrieren sich auf das eigene Wohlbefinden und jenes der Familie. Ein früherer politischer Aktivist hat sich in ein abgelegenes Dorf verzogen, in die «innere Emigration», wie er selbst sagt. Ein Finanzmanager aus dem Fernen Osten mit ukrainischer Verwandtschaft sagt: «Ich reise, so oft es geht, um den Sorgen des Alltags zu entfliehen.»

Der regimekritische Publizist und politische Kommentator Andrei Kolesnikow kann nicht anders, als sich noch immer in der Öffentlichkeit zu Wort zu melden – fast ausschliesslich in Exilmedien und Youtube-Kanälen. «Das ist meine Aufgabe, gerade weil ich noch hier bin», sagt er. Moskau ist seine Heimat, die er sich vom Staat nicht nehmen lassen will. Je mehr Exilmedien in Russland vom Staat für «unerwünscht» erklärt werden, desto enger wird die Auswahl: Zusammenarbeit mit «unerwünschten Organisationen» können strafrechtliche Konsequenzen haben. Kolesnikow ist vom Staat bereits zum «ausländischen Agenten» gestempelt worden.

Besonders für diejenigen, die gegen den Krieg sind, ist es überlebenswichtig, den eigenen Weg im Umgang mit der für sie feindseligen Umgebung zu finden, um nicht krank oder wahnsinnig zu werden, auswandern zu müssen – oder, was mitunter auch geschieht, auszubrennen und sich dem Mainstream zu ergeben.

Der Krieg sei schlecht, aber nun, da er begonnen habe, müsse Russland siegen, sagen sie dann. Andere sind auch enttäuscht über den Westen. «Warum sieht der Westen in uns allen Schuldige? Ich habe mit alldem nichts zu tun, aber ich muss um ein Schengen-Visum betteln», sagt ein Mitarbeiter einer internationalen Organisation, der aus Sicherheitsgründen mittlerweile im Ausland lebt und nur noch besuchsweise nach Moskau kommt. Plötzlich fühlen Leute wie er sich, gerade weil sie das Regime eigentlich ablehnen, als zu Unrecht verunglimpfte, stolze Bürger Russlands.

Diejenigen, die von Anfang an ambivalent waren und Verständnis für Putins Entscheidung zeigten, versuchen, alles zu rechtfertigen und schönzureden. «Bei uns ist alles wunderbar», sagt eine Moskauerin, die auch nur den leisesten Zweifel am russischen Schulwesen sofort persönlich nimmt. Und ein Hausverwalter, der tageweise aus der Provinz nach Moskau zur Schichtarbeit in einer Wohnanlage kommt, glaubt ohnehin alles, was von der Propaganda kommt. «Was denkst du, wann lösen sie den dritten Weltkrieg aus? Macron, Scholz – die haben doch alle keine Kinder und denken nicht an die Zukunft!»

Höhere Spenden – mehr nicht
Die Moskauer sind kriegsmüde. Sie wollen nicht an den Krieg denken, nicht an das Zerwürfnis mit dem Westen und an die Sanktionen. Im Gorki-Park wollen sie die warme Spätsommersonne geniessen. Den Plakaten, die jetzt auch in Moskau und nicht nur in weit entfernten Provinzstädten mit hohen Geldsummen für den Militärdienst werben, entkommen sie trotzdem nicht.

Auch Kursk ist weit weg für sie. Als vor einem Jahr die Drohnen bis ins Moskauer Stadtzentrum flogen, gewöhnten sich die Einwohner schnell daran. Jetzt gewöhnen sie sich daran, dass in Teilen des Gebiets Kursk gekämpft wird – auch der Präsident spielt die Lage ja herunter. Neue Umfragen zeigen: Das Vertrauen in Putin hat durch Kursk abgenommen. Aber bei gut 73 Prozent der Befragten ist es angeblich weiterhin unerschütterlich.

Die Bereitschaft, für die mehr als hunderttausend Evakuierten zu spenden, habe zugenommen, heisst es von Hilfsorganisationen. Manche seien jetzt auch bereit, eine Spende für die Verbesserung der militärischen Ausrüstung der Soldaten zu leisten. Aber Gleichgültigkeit und Verdrängen sind so ausgeprägt, dass dieses Augustereignis nicht die Kraft hat, die Gesellschaft aufzurütteln. Den Frieden, den sich manche sehnlichst wünschen, bringt es erst recht nicht näher.
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Shivus
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Re: Ukraine Konflikt

Ich bin da natürlich ganz bei euch - finde aber, dass ihr euch teilweise etwas in eurer eigenen Argumentation beißt.

Natürlich möchte ich weder mit Putin, noch mit dem Iran, oder der Hamas, Syrien, Taliban etc. verhandeln.
Aber ich finde es schwierig, da dann eine Trennlinie zu ziehen. China? Saudi Arabien? Was ist mit den Menschenrechtsverletzungen durch Indonesien (Genozid in Papua), was ist mit den fehlenden Menschenrechten in nahezu jedem muslimischen Staat, mit denen wir alleine durch die Flüchtlingskrise zusammenarbeiten müssen (von Ölverträgen mit SA etc. mal abgesehen).

Hab das Gefühl, dass vorgebrachte Argumente bzgl. Russland immer recht schnell mit „Putinfreund“ abgetan werden - bei anderen wird aber sehr wohlwollend ein Auge zugedrückt.

Schwieriges Thema, zumindest für mich.
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Re: Ukraine Konflikt

Sehe halt, dass Putin wenig Verhandlungs- und vor allem Kompromissbereitschaft in Aussicht stellt wenn es um die Ukraine geht, von daher m.M.n. von vorne herein sinnlos zum aktuellen Zeitpunkt.

Zum Rest gehe ich ja mit, man wird auch mit Ländern reden müssen, die andere Ansichten haben als wir im Westen - aber das wird halt nur soweit fruchten solange beide etwas davon haben am Ende, wenn das Ziel Russlands hier effektiv "nur" Landnahme und Ausweitung des Einflusses ist, dann findest auch keinen Kompromiss oder Lösung, die alle zufriedenstellt.
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Skagerath
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Re: Ukraine Konflikt

Shivus hat geschrieben: zum Beitrag navigieren29. Aug 2024, 10:56 Ich bin da natürlich ganz bei euch - finde aber, dass ihr euch teilweise etwas in eurer eigenen Argumentation beißt.

Natürlich möchte ich weder mit Putin, noch mit dem Iran, oder der Hamas, Syrien, Taliban etc. verhandeln.
Aber ich finde es schwierig, da dann eine Trennlinie zu ziehen. China? Saudi Arabien? Was ist mit den Menschenrechtsverletzungen durch Indonesien (Genozid in Papua), was ist mit den fehlenden Menschenrechten in nahezu jedem muslimischen Staat, mit denen wir alleine durch die Flüchtlingskrise zusammenarbeiten müssen (von Ölverträgen mit SA etc. mal abgesehen).

Hab das Gefühl, dass vorgebrachte Argumente bzgl. Russland immer recht schnell mit „Putinfreund“ abgetan werden - bei anderen wird aber sehr wohlwollend ein Auge zugedrückt.

Schwieriges Thema, zumindest für mich.
Ich bin auch nicht dafür das man jegliche Kommunikation gerade nach Moskau kappt, ganz im Gegenteil.
Ebenso sehe ich da auf jeden Fall auch Diskrepanzen im Umgang mit verschiedenen Staaten und deren Machthabern. Mir fehlt da in Deutschland gerade im Umgang mit Russland eine wirkliche "Linie" egal ob sich die jeweiligen Politiker "Pro Ukraine" oder "Pro Russland" verorten.

Ich bin zB nach wie vor der Meinung das Scholz bis heute noch nicht in der Lage war klar zu definieren was genau er sich eigentlich für die Ukraine in zukunft vorstellt ausser das sie nicht "verlieren" darf, was auch immer der "Friedenskanzler" damit meint.

Das gilt auch für diese ominösen "Roten Linien" und das Spiel mit der Angst vor dem großen Atomkrieg die hauptsächlich im Kanzleramt ihre Wirkung gefunden haben aber sonsten offensichtlich eher nur ne Randnotiz waren.

Über "Sowjet/Russlandromantiker" in der deutschen Politik will mich hier eher nicht einlassen, meine Haltung dazu dürfte bekannt sein.
Metalcore
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Re: Ukraine Konflikt

https://www.spiegel.de/ausland/ukraine- ... a29cd56c30
Die Ukraine hat keine schweren Waffen von hoher Reichweite. Doch ihre Drohnenangriffe werden für Russland bedrohlicher und erreichen jetzt auch Ziele in der Hauptstadt. Nach russischen Angaben wurden eine Raffinerie in Moskau und zwei Kraftwerke getroffen: In der Raffinerie Kapotnja im Südosten der Hauptstadt brach ein Brand aus, den die Feuerwehr in die höchste Schwierigkeitsstufe einordnete, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass meldete.

Offiziell bestätigt wurden Angriffe auf ein Kraftwerk am südlichen Stadtrand von Moskau sowie auf das Kraftwerk Konakowo in der Region Twer etwa hundert Kilometer nordwestlich der Metropole. Das Kraftwerk Konakowo ist einer der größten Stromerzeuger in Zentralrussland. Laut Meldungen mehrerer russischer Telegram-Kanäle waren in der Nähe des Kraftwerks laute Explosionen zu hören. Russische Internetmedien veröffentlichten unbestätigte Videos, die nahelegten, dass es auch in diesen Anlagen brennt. Trümmer von Drohnen fielen im Umland von Moskau nieder, wie Bürgermeister Sergej Sobjanin auf Telegram berichtete.
Sollte die Ukraine doch noch die Möglichkeit für schwere Langstreckenwaffen bekommen, geb ich Moskau maximal eine Woche.
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