Mein Fehler, danke für den Hinweis.
Hier noch ein interessantes Interview mit CEO Patrick Koller aus dem Handelsblatt, falls jemand Interesse hat.
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Herr Koller, wo sehen Sie die europäische Automobilindustrie?
Europa muss aufwachen. Wir können die enormen Herausforderungen, vor denen unser Sektor steht, nicht ignorieren. Das Verkaufsvolumen in Europa ist strukturell rückläufig und liegt etwa 15 Prozent unter dem Spitzenwert aus den Jahren 2017 und 2018. Hinzu kommt, dass Europa seine hundertjährige Technologieführerschaft im Bereich der Verbrennungsmotoren für die Elektromobilität aufgeben wird, wo China sowohl in Bezug auf die Technologie als auch auf die Kosten weltweit führend ist. Es handelt sich um eine radikale Transformation in sehr kurzer Zeit.
Die europäischen Automobilhersteller gehören zu Ihren wichtigsten Kunden. Sind Sie besorgt?
In Europa sind die etablierten Automobilhersteller aus der Welt des Maschinenbaus hervorgegangen, was sie gegenüber den neuen Marktteilnehmern, die aus der Welt der Elektronik kommen, benachteiligt. Die Europäer sind auch durch andere Faktoren benachteiligt, wie zum Beispiel durch hohe Energie- und Arbeitskosten oder durch ihre Abhängigkeit von der Versorgung mit Rohstoffen für Batterien. Aber ich möchte zuversichtlich bleiben: Auch wenn der Übergang schwierig sein wird, kann die europäische Automobilindustrie Mittel und Wege finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben und weiterhin auf globaler Ebene zu florieren.
Sind Fusionen zwischen Herstellern eine Lösung?
Zunächst einmal stelle ich fest, dass unsere europäischen Kunden derzeit immer noch viel Geld verdienen. Das ist eine gute Nachricht, da sie über die finanziellen Ressourcen verfügen, um sich anzupassen. Was mögliche Fusionen betrifft, bin ich skeptisch. Abgesehen von Fragen des Wettbewerbsrechts sehe ich keinen Sinn darin, einen Automobilhersteller mit einem anderen zu fusionieren. Dies würde die Kosten für die Umstrukturierung nur noch weiter in die Höhe treiben.
„Natürlich wollen die chinesischen Hersteller Marktanteile gewinnen“
Der Chef von Stellantis, Carlos Tavares, warnte kürzlich vor einem „Blutbad“ und verwies auf die chinesische Konkurrenz und den Preiskampf im Bereich der Elektroautos. Ist die Situation wirklich so dramatisch?
Ich habe eine etwas andere Sicht. Die chinesischen Hersteller wollen Autos nach Europa exportieren und perspektivisch hier produzieren, da sie hier aufgrund der höheren Gewinnspannen als in China mehr Geld verdienen können. Natürlich wollen sie Marktanteile gewinnen. Aber ich glaube nicht, dass es im Interesse der Chinesen liegt, den europäischen Markt zu zerstören. Wettbewerb birgt Risiken und Chancen: Europäische Hersteller, die das Einstiegssegment verlassen haben, bauen nun wieder preisgünstigere Modelle.
Der Kostenvorteil der chinesischen Hersteller ist jedoch enorm ...
Die europäischen Automobilhersteller müssen alles tun, um den Verbrauchern erschwingliche Angebote für die Elektromobilität zu machen. Aber auch die Politik hat hier eine Verantwortung: Die Kostenunterschiede zwischen Verbrennungs- und Elektrofahrzeugen dürfen nicht auf die Verbraucher abgewälzt werden. Ohne staatliche Unterstützung wird der Übergang nicht stattfinden. Die Entscheidung der Bundesregierung, den Umweltbonus für Elektrofahrzeuge zu beenden, war ein Fehler.
Die Regierung in Paris führt nicht nur neue Förderprogramme für Elektroautos ein, sondern schließt de facto auch chinesische Importe aus. Machen es die Franzosen besser?
Es ist klar, dass Europa vorsichtig sein und seine Industrie in dieser Phase der massiven Transformation schützen muss. Die Weltwirtschaft teilt sich in mehrere Blöcke. Es scheint, dass sich das Gravitationszentrum vom Westen nach Asien und insbesondere nach China verschiebt. In dieser Zeit braucht die Automobilindustrie in Europa einen klaren und stabilen Rahmen. Damit der Übergang – der gut für den Planeten ist – akzeptiert wird, dürfen die Regeln nicht während der Fahrt geändert werden, wie es beim Umweltbonus der Fall war.
Gilt dies auch für das Ende des Verkaufs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor in der EU ab 2035?
Das Ziel von Autos mit null Emissionen ist eine Notwendigkeit, die ich begrüße, und es gibt kein Zurück mehr. Aber wir müssen auch pragmatisch sein: Eine Transformation dieser Größenordnung braucht Zeit. Wenn die Frist bis 2035 um einige Jahre verlängert werden muss, dann sollte dies jetzt geschehen.
Inwieweit ist Forvia von der chinesischen Konkurrenz betroffen?
Wir befinden uns in einer anderen Situation als die Automobilkonzerne, da wir als Zulieferer auch chinesische Hersteller als Kunden haben. Aber wir sollten uns auch keine Illusionen machen, dass die chinesischen Hersteller nicht die Einzigen sein werden, die sich in Europa niederlassen, sondern dass sie von einigen chinesischen Zulieferern begleitet werden. Das bedeutet, dass auch wir an der Verbesserung unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten müssen.
Ihr Unternehmen ist in China präsent, Sie haben im November vergangenen Jahres eine neue Fabrik in Fengcheng eröffnet. Gehen Sie nicht ein Risiko ein, wenn es zu einem Handelskonflikt kommt?
Ich sehe das nicht. Unsere Einheiten in China sind stark auf den lokalen Markt ausgerichtet und produzieren vor Ort. Darüber hinaus wäre es unsinnig, das Wachstum dort, wo es stattfindet, in Asien oder China, wegen der potenziellen Risiken in der Zukunft einschränken zu wollen.
„Gemeinsam positionieren wir uns als innovatives Technologieunternehmen“
Die mehrheitliche Übernahme von Hella durch Faurecia liegt nun schon zwei Jahre zurück. Funktioniert die Zusammenarbeit innerhalb der neuen Forvia-Gruppe?
Wir konnten die Stärken von zwei spezialisierten Automobilzulieferern zusammenbringen. Hella brachte seine Kompetenzen in der Beleuchtungstechnologie und Elektronik ein, Faurecia seine Fähigkeiten im Bereich der Systeme für den Fahrzeuginnenraum. Gemeinsam positionieren wir uns als innovatives Technologieunternehmen. Und die Transaktion fand zum richtigen Zeitpunkt statt: vor dem Krieg in der Ukraine, vor dem Anstieg der Inflation und vor der Erhöhung der Zinssätze. Heute wäre dies eine viel schwierigere Transaktion gewesen.
Bei Hella waren jedoch nach der Übernahme auch unzufriedene Stimmen zu vernehmen ...
Unsere Strategie findet große Unterstützung. Die Teams beider Unternehmen arbeiten gut zusammen. Wir haben die Prozesse optimiert, indem wir die besten Ansätze von einem Unternehmen auf das andere übertragen haben. Was die Synergien betrifft, haben wir unsere ursprünglichen Ziele weitgehend erreicht: Durch den gemeinsamen Einkauf und die Zusammenarbeit in der Produktion erwarten wir erhebliche Kosteneinsparungen.
Der Chef von Hella, Michel Favre, ist jedoch vorzeitig zurückgetreten. Zeigt das nicht, dass es Reibungen gibt?
Michel Favre ist nicht vorzeitig zurückgetreten. Bereits zu Beginn seiner Amtszeit im Juli 2022 war klar, dass er danach in den Ruhestand gehen wollte. Bernard Schäferbarthold, der ehemalige Finanzdirektor von Hella, hat die Leitung des Management Boards am 1. Januar nach einem eigenen Auswahlverfahren von Hella übernommen.