Und da wir gerade beim Thema Haft sind
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"Zahlen des Justizministeriums
Hoher Anteil an ausländischen Gefängnisinsassen stellt Justiz vor Probleme
Erstmals hat mehr als die Hälfte aller Strafgefangenen in Baden-Württemberg keinen deutschen Pass. Sprachliche und kulturelle Hürden sind für den Justizvollzug eine Herausforderung.
50,8 Prozent: So hoch ist der durchschnittliche Ausländeranteil in den 17 Justizvollzugsanstalten (JVA) in Baden-Württemberg. Damit waren am Stichtag, dem 1. März dieses Jahres, erstmals in der Geschichte von Baden-Württemberg mehr ausländische Straftäter inhaftiert als deutsche.
In der JVA Bruchsal ist der Ausländeranteil ähnlich hoch wie im landesweiten Durchschnitt. Die ungefähr 500 Insassen kommen aus rund 50 Nationen. Anstaltsleiter Thomas Weber erzählt von den Problemen, die das mit sich bringt: "Die Verständigung ist eine große Schwierigkeit", sagt er: Dabei sei die Sprache für die Resozialisierung der Gefangenen "ganz entscheidend".
Deutlicher Zuwachs bei Strafgefangenen aus Maghreb-Staaten und Syrien
Die am stärksten in baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten vertretenen Herkunftsländer - nach Deutschland - sind laut Justizministerium (in dieser Reihenfolge): Türkei, Rumänien, Algerien, Syrien, Polen und Gambia. Bemerkenswert sei der massive Anstieg von Strafgefangenen aus Nordafrika, also Marokko, Tunesien und Algerien, sowie aus Syrien.
Doch warum sitzen überhaupt so viele Ausländer in baden-württembergischen Gefängnissen? Vor zehn Jahren lag der Anteil noch bei rund 37 Prozent, er ist seitdem deutlich angestiegen. Landesjustizministerin Marion Gentges sagt: "Das hat auch mit dem Migrationsgeschehen der vergangenen Jahre zu tun." Die CDU-Politikerin plädiert deshalb dafür, "dass man die entsprechenden Zugangszahlen begrenzt".
Gentges verweist darauf, dass junge Männer unter den Migranten und Asylbewerbern deutlich überrepräsentiert sind: "Und junge Männer werden statistisch gesehen häufiger kriminell als, zum Beispiel, alte Frauen", so Gentges. Das erkläre den hohen Ausländeranteil in den Gefängnissen aber nur zum Teil.
Schwierige soziale Verhältnisse begünstigen Kriminalität
Rino-Gennaro Iervolino engagiert sich seit Jahrzehnten politisch für die Belange von Ausländern und Migranten, ist stellvertretender Vorsitzender im Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen. Die Statistik aus den Gefängnissen findet er "erschreckend" - insbesondere, wenn man allein das Kriterium "Ausländer" betrachte. Für ihn werfen die Zahlen Fragen auf, vor allem nach der "Herkunft" der Straftäter: "Mit ‚Herkunft‘ meine ich jetzt nicht, aus welchem Land sie kommen, sondern: aus welchen Verhältnissen?"
Iervolino verweist auf Studien, die zeigen, welche Faktoren Kriminalität begünstigen: "Armut, mangelnde Bildung, schwierige familiäre Verhältnisse." Sein Fazit: "Kriminell wird man nicht mit der Geburt. Kriminell wird man durch das soziale Umfeld." Deshalb wünscht sich Iervolino genauere Informationen und Untersuchungen über die Milieus, aus denen die Straftäter stammen.
Gefängnismitarbeiter müssen mit den Hürden umgehen
Für Justizvollzugsanstalten geht es vor allem darum, wie ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Hürden im Alltag bewältigen können. In der JVA Bruchsal gibt es Deutschkurse für ausländische Häftlinge mit einer Bleibeperspektive in Deutschland.
Kurzfristig könnten die Kurse die Verständigungsprobleme allerdings nicht lösen, so Anstaltsleiter Weber; daher arbeite man mit Videodolmetschern. Diese könnten für insgesamt 60 Sprachen hinzugezogen werden. "Ein Viertel davon sind sogenannte Ad-hoc-Sprachen", erklärt Weber: "Da hat man also innerhalb von Sekunden eine digitale Videoverbindung zu einem Dolmetscher." Bei den anderen, "exotischeren Sprachen" bedarf es längerer Vorlaufzeiten.
Therapie mit Videodolmetscher
Zwar seien die Videodolmetscher grundsätzliche eine gute Lösung, so Weber; trotzdem sei es natürlich ein Hindernis, wenn beispielsweise ein zu therapierender Häftling und sein Therapeut nicht die gleiche Sprache sprechen, sondern auf einen per Video zugeschalteten Übersetzer angewiesen sind. Deshalb beschäftige man in der JVA Bruchsal vereinzelt auch türkisch- und arabischsprachige Psychotherapeuten.
Die Sprachbarriere sei allerdings nicht die einzige Herausforderung im Umgang mit nichtdeutschen Strafgefangenen: "Dazu kommen bei manchen auch kulturelle und religiöse Unterschiede", so Weber. So versuche man etwa, auf Essenswünsche Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus arbeiten in Bruchsal auch muslimische Seelsorger, die speziell für die Arbeit im Gefängnis ausgebildet sind. Die Seelsorger seien für Strafgefangene eine wichtige Stütze, sagt Weber - und damit hilfreich bei der Resozialisierung.
Was soll man dazu noch sagen ?