Harun hat geschrieben: zum Beitrag navigieren1. Jul 2025, 16:36
Kolibri hat geschrieben: zum Beitrag navigieren1. Jul 2025, 16:30
Ich arbeite als Deutschlehrer in der Erwachsenenbildung, derzeit ausschließlich in vom BAMF finanzierten Kursen, also Integrations- und Berufssprachkursen.
Aktuell komme ich auf ein Bruttojahreseinkommen von rund 60.000 €.
Nachdem ich dann vom Finanzamt und der Rentenversicherung wie eine fette Weihnachtsgans ausgenommen wurde und sämtliche Fixkosten gedeckt sind, bleiben mir etwa 1.100 € pro Monat.
Davon müssen Lebensmittel, Kleidung, ca. 75 % meiner Arbeitsmittel (je nach endgültigem Einkommensteuersatz – danke, liebes Finanzamt, dass ich meine ausschließlich für die Arbeit benötigten Bücher, Apps, Stifte usw. so großzügig "voll absetzen" darf, du mir also in der Regel 25% erstattest), Restaurantbesuche (vielleicht einmal alle zwei Monate?) und der Urlaub (an den letzten erinnere ich mich kaum – abgesehen von Balkonien) bezahlt werden.
Ersparnisse nach fünf Jahren als Deutschlehrer – in einer für Berliner Verhältnisse wirklich günstigen Wohnung mit 760 € Kaltmiete, einem (bis auf fitnessbedingte Ernährungskosten) äußerst bescheidenen Lebensstil:
Nach der letzten Korrektur des Finanzamts lande ich bei null Euro auf dem Konto, bis die nächste Honorarrechnung eingeht.
Und wie viel musste (bzw. muss) ich dafür arbeiten?
Im Schnitt hatte ich in den letzten Jahren etwa 36–40 Unterrichtsstunden pro Woche – Vor- und Nachbereitung noch nicht eingerechnet.
Hinzu kommen Fortbildungen, die Suche nach neuen Unterrichtsmaterialien, die Einarbeitung in Onlineunterricht und digitale Tools usw.
Ich schätze, ich komme auf mindestens (!) 50 Arbeitsstunden pro Woche. Realistisch betrachtet sitze ich regelmäßig bis spät in die Nacht oder am Wochenende noch an Korrekturen oder der Unterrichtsvorbereitung.
Bitte nicht vergessen, nebenbei noch fürs Alter vorsorgen.
60k sind ein gutes Gehalt. Die Steuerlast ist ein Witz.
Theoretisch klingen 60.000 € im Jahr gut – praktisch ist das hart erkämpft.
Ich pendle zwischen zwei Trägern, die rund eine Stunde voneinander entfernt liegen.
Derzeit arbeite ich morgens und abends – dazwischen bleibt gerade genug Zeit fürs Fitnessstudio.
Geiles Leben geht anders.
Natürlich ist es auch nie garantiert, dass ich ohne größere Unterbrechungen den nächsten Kurs bekomme. Also kann es auch passieren, dass das Einkommen einfach wegbricht, wenn etwa die lieben Politiker*innen beschließen, dass Budget für Integrations- oder Berufssprachkurse drastisch zu beschneiden, was für kleine Träger de facto den Todesstoß bedeutet, etliche Lehrkräfte in die Arbeitslosigkeit befördert und auch für potentielle Teilnehmende, die ohne ausreichende Deutschkenntnisse niemals einen qualifizierten Beruf ausüben werden, ist das kein Zuckerschlecken.
2024 und so… zum Glück wurde nach unglaublichen Anstrengungen diverser Akteure wieder teilweise zurückgerudert.
Aber das ist dann noch ein anderes Thema.
Zur Altersvorsorge:
Einerseits bin ich ohnehin verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen – als Lehrkraft bleibt mir da keine Wahl.
Andererseits bin ich erst mit 34 ins Berufsleben eingestiegen. Um im Alter nicht als Pfandflaschensammler an der Warschauer Straße zu enden, zahle ich zusätzlich 500 € in eine private Altersvorsorge ein.
Ob ich das dauerhaft durchhalten kann, ist fraglich: Mein Computer steht kurz vor dem Exitus, und vielleicht – nur vielleicht – gönne ich mir nach vier Jahren auch mal einen Urlaub, der diesen Namen verdient.